Der Tigray-Krieg: Eine Spaltung im Herzen Äthiopiens, angetrieben von uralten Spannungen

Der Tigray-Krieg: Eine Spaltung im Herzen Äthiopiens, angetrieben von uralten Spannungen

Die Geschichte Äthiopiens ist eine faszinierende Chronik von Königen und Kaisern, Eroberungen und Widerstand, kultureller Blüte und politischer Umbruch. Inmitten dieser vielschichtigen Erzählung ragt eine Figur hervor, die in den letzten Jahren unerwartet wieder in den Fokus gerückt ist: Prinz Ras Tafari Makonnen, später bekannt als Kaiser Haile Selassie I., der letzte Herrscher des äthiopischen Reichs.

Ras Tafari, geboren im Jahr 1892, stammte aus einer Adelsfamilie mit weitreichenden Verbindungen zur kaiserlichen Familie. Seine politischen Ambitionen zeigten sich früh und er stieg schnell in den Rang eines Gouverneurs auf. Im Jahr 1930 wurde Ras Tafari nach dem Tod von Kaiserin Zewditu zum Kaiser gekrönt und wählte den Namen Haile Selassie I.

Seine Herrschaft war geprägt von Modernisierungstendenzen, die mit traditionellen Strukturen kollidierten. Selassies Vision sah ein modernes, industrialisiertes Äthiopien, das seine Souveränität im globalen Kontext behauptete.

Doch diese Vision geriet in den 1930er Jahren durch den italienischen Faschismus unter Mussolini schwer ins Wanken. Die italienische Invasion Äthiopiens im Jahr 1935 markierte einen Wendepunkt in Selassies Herrschaft und der Geschichte des Landes.

Während die italienische Armee, unterstützt von Flugzeugen und Panzertruppen, in Äthiopien einrückte, rief Haile Selassie I. verzweifelt zur internationalen Gemeinschaft auf. Er hielt eine vielbeachtete Rede vor dem Völkerbund in Genf, appelliert an die moralische Verpflichtung der Weltgemeinschaft, den faschistischen Angriff zu stoppen.

Seine Worte, geprägt von Pathos und Verzweiflung, waren ein eindringlicher Appell für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung:

“Gott und das Recht sind auf unserer Seite,” rief Selassie aus, “doch sie können uns nur dann retten, wenn die Nationen der Welt sich entschließen, diesen Kampf gegen die Ungerechtigkeit zu unterstützen.”

Leider blieben seine Rufe weitgehend ungehört. Der Völkerbund, geprägt von nationalistischen Interessen und mangelndem Handlungswillen, versagte in seiner Aufgabe, den Angriff Italiens auf Äthiopien abzuwehren.

Die italienische Besatzung dauerte fünf Jahre und war eine brutale Zeit für das äthiopische Volk. Selassie I. wurde ins Exil gezwungen, wo er aus dem Ausland gegen die italienische Herrschaft opponierte und sich auf die Befreiung seines Landes vorbereitete.

Der Weg zur Rückkehr: Widerstand und internationale Unterstützung

Während der italienischen Besatzung organisierte Selassies Regierung im Exil einen unerbittlichen Widerstand. Guerillagruppen kämpften gegen die italienischen Truppen, während Selassie I. diplomatische Beziehungen pflegte und internationale Unterstützung für die äthiopische Sache suchte.

Die wachsenden Kriegskosten Italiens im Zweiten Weltkrieg, gepaart mit dem zunehmenden Druck der Alliierten, führten schließlich zur Niederlage Mussolinis in Nordafrika. Die italienische Besatzung Äthiopiens endete 1941 mit der Befreiung Addis Abebas.

Selassie I., nun zurück an der Spitze seines Landes, setzte seine Modernisierungsprogramme fort. Er investierte in Bildung und Infrastruktur, förderte den Aufbau einer modernen Armee und stärkte die Position Äthiopiens auf der internationalen Bühne.

Das Erbe Haile Selassies: Eine komplexe Mischung aus Fortschritt und Unterdrückung

Die Herrschaft von Haile Selassie I., die bis 1974 dauerte, war geprägt von einem komplexen Mix aus Fortschritten und Rückschlägen. Er initiierte eine Reihe von Reformen, die den Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen erweiterten.

Gleichzeitig verfolgte er politische Gegner und unterdrückte jegliche Form von Opposition.

Selassies Ende kam durch einen militärischen Putsch im Jahr 1974, der vom äthiopischen Militär angeführt wurde und das Ende seiner Monarchie markierte.

Heute wird Haile Selassie I. in Äthiopien ambivalent wahrgenommen. Während manche ihn als Visionär und Befreiungsheld feiern, kritisieren andere seine autoritäre Regierungsweise. Sein Erbe bleibt eine komplexe Mischung aus Fortschritt und Unterdrückung, die bis heute die politische Landschaft Äthiopiens prägt.

**Eine Spaltung im Herzen Äthiopiens: Der Tigray-Krieg

Das Erbe der Vergangenheit, von kolonialen Spannungen über autoritäre Regierungen bis hin zu ethnischen Konflikten, hat sich in den letzten Jahren drastisch in

dem Tigray-Krieg manifestiert. Dieser Konflikt, der seit November 2020 tobt, unterstreicht die tiefen Gräben in äthiopischer Gesellschaft.

Ursachen des Tigray-Kriegs
Politische Spannungen: Die ethnische Zugehörigkeit spielt in Äthiopien eine bedeutende Rolle. Der Tigray-Krieg entsprang

einer Zuspitzung der politischen Spannungen zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF). | | Wirtschaftliche Ungleichheit: Die wirtschaftlichen Vorteile waren ungleich verteilt, was zu Ressentiments führte. |

Der Krieg in Tigray hat verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung gehabt: Tausende sind ums Leben gekommen, Millionen wurden

vertrieben und die Region steht am Rande einer humanitären Katastrophe. Der Konflikt unterstreicht auch

die fragilen Strukturen des äthiopischen Staates und den dringenden Bedarf an politischer

Versöhnung und wirtschaftlicher Gerechtigkeit.

Die Zukunft Äthiopiens: **Ein Land im Umbruch

Haile Selassies Geschichte, wie die des Tigray-Krieges, erinnert uns daran, dass Äthiopien ein Land

mit einem reichen Erbe, aber auch mit tiefgreifenden Herausforderungen ist. Der Weg zu einer friedlichen und gerechten Gesellschaft in Äthiopien

ist lang und steinig. Doch es gibt Hoffnung: Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin,

dass die Konfliktparteien an einem Waffenstillstand arbeiten.